Der bis dahin heißeste Tag des Jahres war der genau passende Rahmen für das Praxisseminar „Energieeffiziente Wärmenetze“, initiiert und moderiert von Uwe Ristl von der Energieagentur Neckar-Odenwald-Kreis (EAN), im Dorfgemeinschaftshaus in Limbach.
So bedauerte dann auch Limbachs Bürgermeister Thorsten Weber in seinen Grußworten, dass die im Sommer mehr als genügend vorhandene Wärme leider noch nicht in die kalte Jahreszeit mitgenommen werden könne. Vor diesem Hintergrund sei der Ausbau von effizienten Wärmenetzen eine wichtige Aufgabe. In Limbach sei man hier nicht ganz unbedarft: Im Ortsteil Heidersbach versorge eine moderne Biogasanlage unter anderem 30 Gebäude mit Nahwärme. Mit Blick auf die beiden anstehenden Bauvorhaben des Feuerwehrhauses und der Schule am Schloßplatz wolle man sich nun nach guten Lösungen rund um das bereits bestehende Nahwärmenetz umschauen. Insbesondere auch deshalb, weil die beiden über 20 Jahre alten Ölkessel, die in der Heizzentrale das örtliche kleine Nahwärmenetz versorgen, irgendwann auch ersetzt werden müssten. Hier könne man sich die Erarbeitung eines Quartierskonzeptes gut vorstellen, so Weber.
Dem schloss sich Landrat Dr. Brötel an: Die Energieaufwendungen für Wärme machten nach wie vor rund 50 Prozent des gesamten Energieverbrauches aus. Insofern sei man bei der Energiewende „zu kurzsichtig unterwegs“, der Fokus liege leider immer noch primär auf dem Strom. Als gutes Beispiel in Bezug auf ein effizientes Nahwärmenetz lobte der Landrat ausdrücklich das Projekt der Bürger-Energie Großeicholzheim. Neben Heidersbach und Ünglert habe man mit Großeicholzheim drei Dörfer mit dem „Adelsprädikat Bioenergiedorf“. Bei deutschlandweit „nur“ 149 Bioenergiedörfern sei dies für den Kreis, so Dr. Brötel, eine gute Anzahl.
In die Zukunft geschaut
Dr. Klaus Keßler von der Klimaschutz- und Energieberatungsagentur Heidelberg (KliBA) erläuterte anschließend die „Initiative energieeffiziente Wärmenetze“ in der Region Rhein-Neckar. Dementsprechend waren Teilnehmer aus der gesamten Region der Räume Heidelberg, Karlsruhe und dem Neckar-Odenwald-Kreis in Limbach anwesend; angesprochen waren kommunale Entscheidungsträger wie Bürgermeister, Planer aber auch Projektentwickler und Versorgungsunternehmen. Die Wärmeproduktion solle 2050, so Dr. Keßler, klimaneutral sein. Energieeffiziente Wärmenetze würden hierbei eine große Rolle spielen – deshalb wurden diverse Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene aufgelegt. Der gesamte Themenkomplex wie Wärmeplanung in Neubaugebieten oder Quartierskonzepte im Bestand sei ausgesprochen kompliziert. Vor diesem Hintergrund sei die Beratungs- und Netzwerkinitiative, die es zwischenzeitlich landesweit gäbe, eine große Hilfe. Die Angebote reichten von Veranstaltungen und Workshops über Exkursionen bis hin zu Potentialanalysen. Diese Unterstützung sei für Kommunen, insbesondere auch bezüglich der vielen und zum Teil auch komplexen Förderungsmöglichkeiten, sehr wichtig.
Bürgermeister Bernhard Knörzer unterstrich in seinem anschließenden Vortrag, dass die Zeit mehr als reif für neue Wärmekonzepte sei, mit der griffigen Formel 70-70-30 erläuterte er den aktuellen Stand seiner Gemeinde Neunkirchen, die aktuell ein Quartierskonzept erarbeitet: 70 Prozent heizen mit Öl, 70 Prozent der Heizungen sind über 30 Jahre alt und rund 30 000 Euro könnte ein Hausbesitzer für die Erneuerung der Heizungsanlage und weitere energetische Maßnahmen einplanen. Mit dem Bau eines Nahwärmenetzes könnte man in Neunkirchen gleich mehrere Vorteile zusammenführen. Neben einer zukunftsfähigen und vor allem auch CO2-neutralen Wärmeversorgung hätte man zusätzlich auch handfeste wirtschaftliche Vorteile. „Über eine Million Euro“, so der Bürgermeister, „gehen pro Jahr raus aus der Gemeinde“. Die heimische Wertschöpfung wäre durch den Einsatz von regionalem Brennmaterial, also Hackschnitzel aus dem eigenen Wald, deutlich höher. Ihm sei aber genauso wichtig, nicht nur „ans Geld“ zu denken. Klimaschutz sei eine extrem wichtige Aufgabe und auch eine Pflicht für die Gemeinden. Zur Verdeutlichung zeigte er in seinem Vortrag die Temperaturentwicklung der vergangenen Jahrzehnte in Baden-Württemberg: Hier war deutlich zu sehen, dass die Anzahl der „roten Balken“ für höhere Jahresdurchschnittstemperaturen signifikant zugenommen haben. Aktuell hätten knapp 200 Hauseigentümer Interesse am Neunkirchner Nahwärmenetz, die endgültige Entscheidung solle im Frühjahr kommenden Jahres fallen.
Schritt voraus
Den buchstäblichen "Schritt voraus" ist hier das Bioenergiedorf Großeicholzheim, wie Roland Bangert von der Bürger-Energie Großeicholzheim in seinem Vortrag berichtete. 2010 hatte der Landkreis eine Klimaschutzstudie über die Nutzungsmöglichkeiten der Abwärme aller Biogasanlagen beim Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Campus Birkenfeld in Auftrag gegeben. Als Ergebnis zeigte sich, dass die Nutzung der Abwärme der bestehenden Biogasanlage in der Bannholzsiedlung eine sinnvolle Alternative sein könnte. So begannen auch in diesem Jahr die ersten Gespräche mit Seckachs Bürgermeister Thomas Ludwig, Vertretern der damaligen Bioenergieregion HOT und Planern. Noch im gleichen Jahr konnte man bei einer Informationsveranstaltung rund 130 Interessenten finden. Als Geschäftsmodell entschied man sich für eine Genossenschaft. Anfang 2013 begannen die Tiefbauarbeiten, der Bau der Heizzentrale und die Montage der Übergabestationen in den Privathäusern. Ende 2013 begann bereits der Probebetrieb mit einem Großabnehmer, Anfang 2014 startet dann der Regelbetrieb. Aktuell habe das Nahwärmenetz eine Länge von rund 8000 Metern, man beliefere 122 Kunden zuverlässig mit Wärme. Interessant sei hier, dass vier Großabnehmer (Unternehmen) rund 35 Prozent der Wärme abnehmen würden. Das Netz habe seit 2013 über 1,7 Millionen Liter Heizöl eingespart, was einer CO2-Einsparung von etwa 5500 Tonnen entsprechen würde.
Anschließend ging Dr. Keßler von der KliBA auf die verschiedenen Förderungsmöglichkeiten der zahlreichen Programme auf Landes- und Bundesebene ein. „Dies ist ein sehr komplexes Thema, das fachliche Beratung braucht“, schloss er seinen Vortrag ab. Vor diesem Hintergrund sei es gut, dass flächendeckend im Lande die entsprechenden unabhängigen Energie- und Beratungsagenturen, wie im Kreis die EAN, zur Verfügung stehen. „Kooperation“, betonte Uwe Ristl abschließend, „ist zur Durchführung von Nahwärmekonzepten und zum Erreichen der Klimaschutzziele sehr wichtig“.